Alle fordern Sicherheit. Zeit, den Begriff neu zu verhandeln. Und zu definieren, was uns wirklich Sicherheit und Resilienz vermittelt.
Nicht erst die Pandemie und die damit einher gehenden Einschränkungen haben es gezeigt: Der Mensch verlangt nach Sicherheit. Und gibt seine Freiheiten mehr oder minder freimütig her, wenn es die Situation zu verlangen scheint. Auch wenn es Aufgabe eines Staates ist, Sicherheit für seinen Souverän, das Volk, zu garantieren, so ist der Grat zwischen vernunftbasierten, evidenzgestützten und legitimen Erlassen und staatlicher Bevormundung schmal. Denn letztlich sollte in einem demokratischen System die Eigenverantwortung und Entscheidungsgewalt der Bürger*innen unantastbar bleiben.
Unser Sicherheitsdenken ist menschlich aber auch paradox
Doch de facto ist Sicherheit eine Illusion. Es gibt keine „totale“ Sicherheit, weder vor einem Virus, noch vor einem Krieg, Armut, Schicksalsschlägen, Unfällen etc. Das sehen und erleben wir jeden Tag. Dennoch fordern wir immer mehr Sicherheit ein, was menschlich, aber irgendwie auch paradox ist. Gefährlich wird es da, wo der vermeintliche Sicherheitsgedanke das Kollektiv beschwört und in Folge die Beschränkung des geistigen wie physischen Bewegungsradius des Einzelnen nobilitiert. Einer aktuellen Umfrage zufolge sehnen sich 58% der Deutschen nach mehr „Sicherheit“. Aber was ist überhaupt damit gemeint? Und wer hat Sorge dafür zu tragen, dass wir uns „sicherer“ fühlen?
Sicherheit gibt es in einer stabilen Partnerschaft und einer Familie
Die Antwort ist so komplex wie einfach: Wir selbst. So wie wir unser Haus ausrüsten, um es sicherer zu machen und vor Einbrechern zu schützen, so müssen wir uns selbst innerlich wappnen. Uns ein inneres Rüstzeug zulegen, das uns vor überzogenen Sorgen, Ängsten und negativen Einflüssen schützt. Stichwort: Resilienz. Und wenn die letzten drei Jahre uns eins gezeigt haben, dann sind es vor allem zwei Dinge, die uns Sicherheit vermitteln und uns Kraft gegen die Widrigkeiten des Lebens schenken: Eine stabile Partnerschaft und/oder die Familie.
Wie wichtig persönliche Bindungen – gerade in Krisenzeiten – sind, wurde vielen von uns erst in der jüngsten Zeit richtig bewusst. Einen Partner, auf den man zählen kann. Der Verständnis, Trost und Zuversicht schenkt. Aber auch Impulse gibt, zum Dialog zwingt und als Korrektiv fungiert. Genauso wie die Familie, die Halt und Struktur gibt und uns Schutzwall wie Schützling zugleich ist.
Ich und Du gegen den Rest der Welt
Als Partnervermittlerin weiß ich um die Relevanz der Bindung zwischen zwei Menschen. Nicht nur im persönlichen, sondern auch im gesellschaftlichen wie universellen Kontext. Ich und Du gegen den Rest der Welt. Zusammen gegen die Widerstände von außen. Tatsächlich ist eine gute Partnerschaft so etwas wie ein Bollwerk. Wie das kleinste politische Gefüge, die kleinste Demokratie der Welt. Wo man sich gegenseitig zuhört. Die Meinung des anderen akzeptiert, wenngleich man sie hinterfragen und kritisieren darf. Wo man sich stärkt und gegenseitig verteidigt. Ohne Vorbehalte zueinander steht. Und doch souverän bleibt.
L’état, c’est moi – der Staat bin ich. Dieser dem als Sonnenkönig bekannten Ludwig XIV. zugeschriebene Satz gilt, wenn auch in anderem Kontext und in eingeschränktem Maße, ein Stück weit für jeden von uns. Denn unser Sicherheitsbedürfnis ist individuell. Jede/r definiert es anders. Weshalb wir in erster Linie auch selbst Sorge dafür tragen müssen. Ob wir also einen Fahrradhelm tragen, uns „bewusst“ ernähren und Sport treiben, vermeintliche Risiken meiden – all das und vieles mehr sollte unserer Eigenverantwortung unterliegen. Eine Stütze, ggf. auch ein Korrektiv, haben wir dabei in einem Partner und der Familie.
Vertrauen wir also wieder mehr uns selbst, unserer Vernunft, unserem Entscheidungsvermögen und beziehen wir dabei die Menschen ein, die wir schätzen und lieben. Besinnen wir uns auf Solidarität im kleinsten aller Verbünde, in Partnerschaft und Familie – erst dann können wir sie auch im Großen zeigen und leben.
Mit liebenden und geliebten Menschen an unserer Seite haben wir fast alles, was wir an Sicherheit brauchen. Und was uns widerstandsfähig und stark macht.
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