„Männer und Frauen können nie Freunde sein; der Sex kommt ihnen immer wieder dazwischen.“ Dieses Zitat aus „Harry & Sally“ dürfte zu den berühmtesten der Filmgeschichte gehören – und zu den umstrittensten. Denn wohl jeder hat eine Meinung zu dem Thema, wobei Frauen dieser These eher widersprechen, Männer hingegen sie stützen. Eben ganz wie Harry im Film.
Doch ist das tatsächlich so? Ist eine platonische Beziehung zwischen den Geschlechtern schier unmöglich, weil die Evolution dagegenspricht? Pauschal lässt sich das nicht beantworten; schließlich gibt es auch schwule Männer, die mit Hetero-Frauen befreundet sind und andere Konstellationen. Tatsächlich stellten Forscher jüngst fest, dass Sex durchaus eine Rolle bei gemischten Freundschaften spielt. Denn es liegt in unseren Genen, eine Person des konträren Geschlechts zuerst einmal als potenziellen Fortpflanzungspartner zu evaluieren. Besonders, wenn sie unserem „Beuteschema“ entspricht. Die Frage ist also, ob wir eine Person, der wir freundschaftlich verbunden sind, als attraktiv empfinden. Und dies dann ggf. Spannung erzeugt.
Unterschiedliche Ansprüche
Der zweite Aspekt ist, dass Männer und Frauen oft ganz andere Ansprüche an eine Freundschaft stellen. Während Frauen Attribute wie Loyalität, Solidarität und Selbstoffenbarung in einer Freundschaft priorisieren, ist Männern Status und Intelligenz auf Augenhöhe wichtig. Oder anders formuliert: Frauen wollen jemanden, der sie versteht und unterstützt, Männer jemanden, an dem sie sich messen können und der als Role Model taugt. Dies unter einen Hut zu bekommen, gleicht erstmal der Quadratur des Kreises. Dennoch funktionieren gerade da Freundschaften zwischen Männern und Frauen gut, wo beide einen ähnlichen beruflichen Background oder eine Art geistige Verwandtschaft teilen. Oder wenn man sich schon aus Kinderzeiten kennt, also eine gleichsam familiäre Bindung hat.
Ein weiterer Punkt bei der gegengeschlechtlichen Freundschaft ist die Wertschätzung; Erstaunlicherweise stufen Männer nämlich die Freundschaft zu einer Frau als wichtiger ein als umgekehrt. Für weibliche Wesen ist die Freundschaft zu einem Mann ein „nice to have“ – die zu einer Frau jedoch essenziell. Womit sich zeigt, dass Männer Frauen mehr schätzen als das landläufige Klischee besagt. Und es de facto die Frauen sind, die Männer im freundschaftlichen Kontext „diskriminieren“.
Attraktivität als Problemfall?
Und was ist jetzt mit der vermeintlichen Attraktivität unter nicht-gleichgeschlechtlichen Freunden? Forschungen der Universität von Wisconsin/USA ergaben, dass jeder fünfte Mann es als belastend für eine platonische Beziehung empfindet, wenn man das Gegenüber als anziehend empfindet. Bei den Frauen war es jede Zweite. Was bedeutet, dass Männer hier scheinbar besser abstrahieren können als Frauen.
Oder Attraktivität schlichtweg nicht als Problem, sondern als eine Option für „mehr“ sehen. Zum Beispiel in Form einer Freundschaft PLUS, wo man durchaus Sex haben kann, allerdings ohne die Verbindlichkeiten einer festen Beziehung.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Ja, Männer und Frauen können befreundet sein, sofern sie unter sich definieren, welche Ansprüche sie an diese Freundschaft stellen. Wichtig ist, dass beide sich – wie in jeder gleichgeschlechtlichen Freundschaft auch – gefestigt und sicher in dieser Beziehung fühlen. Dass man authentisch sein kann, sich wohl und geborgen, geschätzt und verstanden fühlt. Und gute Gespräche, auch über ernste Themen, mindestens aber genauso viel Spaß zusammen hat.
Belohnt wird man dann damit, dass man neben den „normalen“ Benefits einer Freundschaft auch Einblicke in die Denkweise des anderen Geschlechts bekommt und somit die männliche bzw. weibliche Sicht zu gewissen Dingen besser nachvollziehen kann. Frei nach dem Ying und Yang-Prinzip bedeutet dies, dass wir gleichsam komplettiert werden und so eine ganzheitliche Perspektive erlangen. Was ungemein spannend und bereichernd sein kann.
Also, sollten Sie noch keinen besten Freund bzw. eine platonische Frauenfreundin haben: Streben Sie schnellstmöglich nach solch einem wertvollen Exemplar. Und pflegen sie es!
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